News 1995-1996 - Nachrichten aus Laar


11.01.1995 - WAZ - Nh

 

Henkelmänner, Buchdruck und die Laarer Wundersau

Archiv des Bürgervereins macht Geschichte lebendig

 

Die „Laarer Wundersau" gab's wirklich, 1934 wurde sie Weltmeisterin durch einen Wurf von 24 winzigen Ferkeln. Ein Foto im Archiv der Bürgervereinigung Laar zeigt die Sau. Noch manch anderes an Kuriosem, aber auch lokalgeschichtlich Bedeutsamen findet sich in der Sammlung.

 

Den Besuchern verschlägt es den Atem, wenn sie die Räume der Bürgervereinigung betreten: Direkt steht man in einer komplett eingerichteten und funktionsfähigen Offizin-Druckerei, in der sich Geschichte und Entwicklung von Buchdruck und -binderei von Gutenberg bis in die sechziger Jahre unseres Jahrhunderts nachvollziehen lässt.

 

Schulklassen sind dort gern und häufig gesehene Gäste, der Bürgerverein lässt dort seine Plakate drucken. Für die Laarer Bürgervereinigung war es Zufall und Glück zugleich, mit Theo Barkowski, Günter Rubbert und Heinz Jung einen Vorstand zu haben, der sich historisch höchst interessiert zeigt. Nicht nur Tagespolitik wollen sie gestalten, sondern zugleich „die Geschichte unseres Stadtteils lebendig erhalten". Es ist schwierig, eine korrekte Beschreibung für sie zu finden, Amateur- oder Hobby-Historiker klingt ob ihrer Leistung hinsichtlich dieses Archivs abwertend.

 

Denn weit über tausend private Fotos mit Laarer Ansichten sind dort gelagert, fast alle den Stadtteil betreffende Dokumente seit dem Gründungsdatum 1282 sind als Kopien aus Stadt- und Staatsarchiven in den Schränken vorhanden. Henkelmänner, Grubenlampen, Steigeruniformen usw. erinnern an die 1968 geschlossene Zeche „Westende", Nebelhörner, Bullaugen und Positionsleuchten dokumentieren die Vergangenheit als Schiffer- und Fischer-Dorf.

 

„Viel Liebe und Idealismus gehören dazu", meint Vorsitzender Barkowski. Und manchmal auch Detektivarbeit: Kriminalistischer Spürsinn war für das Vorstands-Trio nötig, das Wahrzeichen des Stadtteils, den Laarer Jungen, auf dem Hof einer Abbruchfirma wiederzufinden.

 

Kein Wunder, wenn mittlerweile gut ein Dutzend wissenschaftlicher Abhandlungen auf das Laarer Archiv zurückgegriffen haben. Im nächsten Monat wird eine Ausstellung aus Beständen des Laarer Archivs zum Thema „Kriegsende" im Meidericher Bezirksamt zu sehen sein. Günter Rubbert: „Bei uns schlummert Material, um ein ganzes Geschichtsbuch zu füllen."


11.01.1995 - Rheinische Post - Susanne Kalender

 

Im Archiv der Laarer Bürgervereinigung gibt es viele Kuriositäten zu sehen

Wundersau und Kniehebelpresse

 

Angefangen hat alles vor etwa 15 Jahren, als der Vorstand des Laarer Bürgervereins den ersten Archivraum in einer Schule einrichtete. Denn die Sammelleidenschaft hatte den ersten Vorsitzenden Theo Barkowski und Günter Rubbert, Geschäftsführer des Bürgervereins, derartig gepackt, dass sie dringend Platz für ihre Fundstücke benötigten. Zusammen mit Heinz Jung, dem zweiten Geschäftsführer und jetzigem Archivar des Vereins, trugen sie zusammen, was immer sie an alten Bildern, Drucken und Dokumenten über Laar bekommen konnten. Ein Wasserschaden veranlasste die Sammler aus Leidenschaft eine neue Unterkunft für ihre historischen Schätze zu suchen.

 

Man fand sie in einer Dachkammer eines anderen Hauses. Doch auch hier zwang Regenwasser erneut zum Umzug. Vor vier Jahren bekam Jung dann einen Raum im Tiefparterre eines Wohnhauses zur Verfügung gestellt. Nach und nach konnte das Archiv auf mittlerweile drei Räume erweitert werden.

 

Stolz präsentieren die drei Hobbyarchivare ihre Schätze. Sie haben weit über 1000 Fotos zusammengetragen, die meisten aus Privatbeständen. Es koste viel Zeit, die Masse der Bilder zu sortieren und zu beschriften, so Jung.

 

„Da das alles nach Feierabend geschehen muss, ist noch viel Material unsortiert.” Aber im Gespräch ist spürbar, dass die Begeisterung und die Sammelleidenschaft ungebrochen ist.

 

Für den Bürgerverein ist es ein Glücksfall, dass sich der seit über 30 Jahren amtierende Vorstand mit großem historischem Interesse dieser Aufgabe widmet. Barkowski sieht die Aufgabe des Bürgervereins auch darin, „Geschichte zu bewahren und aufzuarbeiten”. So werden immer wieder Ausstellungen organisiert, die große Teile des Archivmaterials der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die vergangenen Wochen haben Jung, Rubbert und Barkowski damit verbracht, Fotos zusammenzustellen, die die letzten Tage des zweiten Weltkrieges in Meiderich, Beeck, Ruhrort und Laar dokumentieren. Diese Ausstellung wird in Kürze im Bezirksamt Meiderich eröffnet.

 

Die drei Archivräume selbst sind klar gegliedert. So gibt es zum einen das sogenannte Mercatorzimmer. Hier finden sich Nachdrucke von Zeichnungen, die Arnold Mercator, der älteste Sohn Gerhard Mercators, 1571 von Laarer Gehöften angefertigt hat. In großen Schränken sind hier auch die Fotobestände untergebracht. Schmunzelnd weist Rubbert darauf hin, „dass es in Laar auch einmal einen Weltmeister gab”. Die Rede ist von der Laarer Wundersau, die 1934 in einem Wurf 24 Ferkel zur Welt brachte. Selbstverständlich hat er ein Foto dieser Wundersau parat. Der zweite Archivraum wird kurz Offizin genannt, so hieß früher der Drucksaal einer Druckerei. Und so ist dieser Raum auch ganz der alten Druckkunst gewidmet. Eine alte Druckpresse, die aus den 20er Jahren stammt, ist das Prunkstück dieses Raumes. Wenn Jung die alte Kniehebelpresse vorführt, merkt man dem gelernten Drucker die Liebe zu dem alten Stück an. Aber nicht nur aus nostalgischen Gründen hat diese Druckpresse Eingang ins Archiv gefunden. Wie Jung berichtet, „gab es zu Beginn dieses Jahrhunderts einen Buchdruckerverein in Laar, der immerhin rund 30 Mitglieder zählte”. Gearbeitet hätten diese Drucker in Betrieben, die es in Beeck und Ruhrort gab. So sieht Jung auch hierin ein Stück Traditionsbewahrung. Da die Presse noch voll funktionsfähig ist, hat Jung oft Schulklassen zu Gast, die sich diese vergangene Technik ansehen und die Presse sogar bedienen dürfen.

 

Arbeit für die nächsten Jahre gibt es genug. Jung plant, ein Findebuch anzulegen, in dem man nachschlagen kann, was wo liegt. Bei der Fülle des Materials wird das noch eine Weile dauern.


23.11.1995 - Rheinische Post - Malte Petermann

Düsseldorfer Unternehmer will in Laar ein Rockzentrum bauen
60 Proberäume für Bands

„Die Hälfte der Proberäume sind schon belegt", sagt Heinz Habeck, angesprochen auf die Zukunft seines Projektes „Rockzentrum Laar". Der Düsseldorfer Unternehmer möchte in den brachliegenden Büro- und Sozialgebäuden der Thyssen Stahl AG an der Mühlenfelder Straße ein Rockzentrum errichten, das in Duisburg seinesgleichen sucht. Neben 60 Proberäumen will Habeck dort ein Musikfachgeschäft, einen Gastronomiebetrieb und einen Veranstaltungsraum mit einem Fassungsvermögen von etwa 300 Personen sowie Seminarräume einrichten lassen.

Kreditverhandlungen
Für das kommende Jahr hat Habeck bereits konkrete Pläne. Anfang Januar will er zu einer Mieterversammlung einladen, auf der die Bands, die bereits Interesse angekündigt haben, sich ihre Räume aussuchen können. Anschließend soll die Umbauphase beginnen. „Länger als einen Monat brauchen die bestimmt nicht, da sind zunächst nur kleine Baumaßnahmen notwendig", sagt Habeck.

Vertraglich festgezurrt ist das Konzept allerdings noch nicht. Auch die Kreditverhandlungen mit der Bank seien keineswegs abgeschlossen. Habeck: „Wir brechen nichts über das Knie. Schließlich will ich das Gelände mindestens zehn Jahre nutzen. Da schließt man einen Vertrag nicht in fünf Minuten." Aber wohl in den nächsten Wochen. Mit Thyssen sei er „weitestgehend" einig.

Das Gelände, abgelegen aber nicht abgeschnitten (die Straßenbahn hält nur unweit entfernt), scheint auch Axel Salzmann, Vorsitzender des Dachverbandes „Musik aus Duisburg" (MaD), für derartige Zwecke ideal. „Da hätten wir selber drauf kommen können. Die nur zweigeschossigen Gebäude sind für Bands bestens geeignet", lautet Salzmanns Kommentar nach einer gemeinsamen Begehung mit Habeck.

Erschwingliche Mieten
Und was soll das ganze kosten? Der Unternehmer und Betreiber eines Musik-Bunkers in Aachen, der 1988 bei einem ähnlichen Unterfangen in Düsseldorf „an der Stadt scheiterte" (Habeck), rechnet mit Umbaukosten in Höhe von 250.000 Mark. Für die Bands bedeute dies, so rechnete Habeck vor, einen Quadratmeterpreis von neun Mark, zuzüglich anfallender Stromkosten. Und dass dies ein Preis ist, den zu zahlen Duisburger Gruppen bereit sind, belege die Namensliste möglicher Mieter.


28.02.1996 - Rheinische Post

In Laar: Abschied und Begrüßung

Der langjährige Pfarrer von St. Ewaldi in Laar und Dechant des Dekanates Ruhrort, Heinrich Thönnessen, ist in den Ruhestand getreten. Er wurde jetzt von seiner Gemeinde verabschiedet. Zugleich wurde sein Nachfolger in der Gemeinde, Pater Patrick Daumann durch den neuen Dekanats-Dechant Werner Müller in sein Amt eingeführt. Der Ruheständler wird nicht untätig bleiben und in der Großenbaumer Gemeinde St. Franziskus begrenzt tätig sein.


28.02.1996 - WAZ

Hochachtung für den Pfarrer: Den Inhalt des Gebetsaufrufes erkennen

Leserbrief mit Stellungnahme zum Bericht der Evangelischen Kirchengemeinde Laar (NRZ vom 15. November):

„Hochachtung für Pfarrer D. Reuter, der die Stirn hat, namentlich und öffentlich ein Bekenntnis zum Christentum und zum demokratischen Rechtsstaat in Deutschland abzugeben.

Wenn seine Ausführung über den Inhalt des Gebetsaufrufes stimmt, dass die Muslime damit den Anspruch auf Bestimmung und Veränderung unserer Ordnung verlangen, sollte doch dem Begehren der Befürworter klar und deutlich eine Absage erteilt werden.

Den Vertretern unserer Stadt mache ich den Vorwurf, dass sie sich nicht bemüht haben, den Inhalt des Gebetsaufrufes zu erkennen, wenn doch, sind sie nicht mehr für unsere freie, demokratische Gesellschaftsordnung tragbar."

Carl Heinz Meyer


28.06.1996 - Wochen Anzeiger

Wachablösung in Meiderich:
Pfarrer geht Pfarrer kommt

Abschied und Begrüßung fielen am vergangenen Sonntag in den Gemeinden St. Ewaldi Laar, und St. Antonius Beeckerwerth zusammen.

Im Festgottesdienst um 16 Uhr in der St. Ewaldi-Kirche an der Friedrich-Ebert-Straße wurde der langjährige Pfarrer und Dechant des Dekanates Ruhrort, Heinrich Thönnessen, verabschiedet. Gleichzeitig führte der neue Dechant des Dekanates, Werner Müller, den Prämonstratenser Pater Patrick Daumann als neuen Pfarrer der beiden Gemeinden in sein Amt ein. Anschließend wurde zu einer Begegnung in das Ewaldi-Haus an der Apostelstraße eingeladen.

Heinrich Thönnessen war seit 1968 Pfarrer der Laarer Gemeinde St. Ewaldi und seit 1993 auch Pfarrer der Nachbargemeinde St. Antonius in Beeckerwerth. Für die Gemeinden des Dekanates Ruhrort trug er als deren Dechant seit 1978 in besonderer Weise Verantwortung. Als Ruheständler wird der 66jährige sein Domizil jetzt in der Großenbaumer Gemeinde St. Franziskus aufschlagen, wo er kein Unbekannter ist. Denn hier war er schon Anfang der 60er Jahre als Kaplan tätig.

Der neue Pfarrer, Pater Patrick Daumann, gebürtig in Schlesien, trat 1973 in den Prämonstratenserorden ein und wurde 1978 zum Priester geweiht. Danach war er als Kaplan in der Hamborner Gemeinde St. Joseph, als Religionslehrer am Abtei-Gymnasium sowie im Stift Schlägl in Österreich sowie in einem Kloster in den USA tätig. Zuletzt war der 44-jährige Krankenhausseelsorger am St. Johannes-Hospital.


29.02.1996 - WAZ - Sead

Abschied nach 28 Jahren Dienst
St. Ewaldi in Laar: Dechant Thönnessen stellt Nachfolger vor

Nach einer Rekorddienstzeit von 27 Jahren in der Laarer Pfarrgemeinde St. Ewaldi wurde Pfarrer Heinrich Thönnessen in den Ruhestand verabschiedet. Gleichzeitig wurde der neue Pfarrer, Patrick Daumann, während der Eucharistiefeier in der Laarer Kirche in sein Amt eingeführt.

Der Prämonstratenser-Pater würdigte die Arbeit seines Vorgängers mit den Worten: „Selbstlos hat er sich fast 28 Jahre lang in den Dienst dieser Gemeinde gestellt. Dafür sind wir, die St. Antonius und die St. Ewaldi Kirchengemeinden, sehr dankbar." Symbolisch überreichte Pastor Thönnessen seinem Nachfolger den Schlüssel der Kirchengemeinde. „Mögest Du mit diesem Schlüssel die Herzen der Menschen hier öffnen", sagte Thönnessen.

Daumann, gebürtig in Schlesien, ist 1973 in den Prämonstratenserorden eingetreten und wurde 1978 zum Priester geweiht. Danach war er als Kaplan in der Hamborner Gemeinde St. Joseph, als Religionslehrer am Abtei-Gymnasium sowie im Stift Schlägl in Österreich und später noch in den USA in einem Kloster tätig.

Zuletzt diente der 44jährige als Krankenhausseelsorger am St. Johannes-Hospital.

Wenn der eine oder andere fragte, so Thönnessen, warum er denn aufhöre, so müsse der 66-jährige antworten: „Mit 65 Jahren merkt man, vieles geht nicht mehr wie früher. Mit 70 merken es die Anderen. Mit 75 merken es nur noch die Anderen." Abschied sei die Geburt der Erinnerungen, so Thönnessen.

Er erzählte, was seine ersten Eindrücke waren, als er im Januar 1969 die Laarer Gemeinde übernahm. „Eigentlich wollte ich meinen Bischof bitten, mich wieder nach Brasilien zu schicken." In fast 28 Jahren sei Gutes und Schlechtes passiert. Die Leute, denen er auf die Füße getreten sei, bat er um Verzeihung. Besonders bedankte sich der aus dem Amt Scheidende bei denen, die ihm zum Abschied Briefe geschickt und geschrieben hätten, dass durch sein Wirken viele Gemeindemitglieder mutiger und hoffnungsfroher in die Zukunft blickten. „Dennoch, bei diesem Abschied verspüre ich keine Trauer, denn ich bleibe in engem Kontakt mit meiner Gemeinde." Weiter bleibe er Pastor, Leiter des St. Joseph-Hospitals und sei somit weiter aktiv. „Keiner wäre doch so bescheuert, beide Jobs aufzugeben", meinte Thönnessen scherzhaft. Er sei kein Supermann gewesen, doch habe er in der Gegenwart gewirkt, um für die Zukunft neue Wege für das Miteinander zu schaffen. So wünschte sich Pastor Thönnessen für die Zukunft, dass die Kirchengemeinden noch näher zusammenrücken.


03.07.1996 - WAZ - chris

Schulen droht wegen Ratten die Schließung
Rektor Bronder schlägt Alarm

„Wenn das so weitergeht, müssen hier zwei Schulen geschlossen werden. Davon wären rund 600 Kinder betroffen", warnt der Leiter der Laarer Hauptschule, Dietmar Bronder, vor der zunehmenden Rattenplage.

Zu jüngsten Meldungen aus der Stadtverwaltung, dass der „Wohlstandsmüll immer mehr Ratten anlockt", sagt der Rektor: „Jetzt wird es Zeit, dass wir mal die konkreten Tatsachen ansprechen."

Konkret ist seiner Meinung nach die Gefährdung der Laarer Bevölkerung. „Quelle" der Laarer Rattenplage sei der Wochenmarkt. Dort würden die „intelligenten und lernfähigen Tiere, die jede Generation, also nach drei Monaten, schlauer werden", durch eine Bevölkerung regelrecht „gezüchtet", die achtlos Essenreste rund um die dort aufgestellten Container verstreue.

Mittlerweile treiben sich die Ratten - „Weil sie wissen, das es dort was zu fressen gibt" - nicht nur nach Pausen auf dem Schulhof der Hauptschule herum, in den letzten Tagen sind in Schulnähe sogar Rattennester entdeckt worden. Wenn nicht Abhilfe geschaffen werde, dann werde „spätestens bis zum Herbst" die Frage akut, ob man wegen möglicher Seuchengefahr die Haupt- und die benachbarte Grundschule schließen müsse. „Die Ratten haben die Möwen verdrängt", berichtet Bronder. Nur ein paar Tauben seien noch da, die sich von Essensresten nähren.

Ansetzen aber müsse eine Bekämpfung der Rattenplage bei der Aufklärung und - notfalls - Bestrafung sorgloser Bürger. „Es muss doch möglich sein, zum Beispiel bei den Containern am Markt jemanden hinzustellen, der aufpasst. Das ist billiger als 7,5 Tonnen Rattengift zu verteilen", sagt Bronder. Und man müsse Bürger „zur Kasse bitten", die beim Wegwerfen von Essensresten beobachtet werden.


09.03.1996 - WAZ - es


Gerüchte um Thyssen-Kraftwerke

Wieder einmal mehren sich die Gerüchte um die Thyssen-Stahl-Kraftwerke in Ruhrort und Hamborn.

Von einem bevorstehenden Verkauf an das RWE ist die Rede. Von offizieller Seite hingegen werden solche Absichten, wie sie 1989 schon einmal im sogenannten „Strategie-Papier" des Vorstandes beschrieben wurden, aber dementiert. Pressesprecher Dietmar Stamm: „Mir ist davon nichts bekannt."

„Weder dementieren noch bestätigen" will der Betriebsratsvorsitzende Dieter Kroll eine solche Möglichkeit. Auch er wisse aktuell nichts Neues. Er sei aber „in der letzten Zeit" häufig von Thyssen-Kraftwerkern auf dieses Gerücht angesprochen worden.


16.04.1996 - WAZ

Der Kapitän geht auf Museumsreise

An der Apostelstraße soll ein Museum mit überregionaler Bedeutung entstehen. Frank Gnegel, neuer Direktor des Museums für Binnenschifffahrt, stellte  gestern im Kulturausschuss sein Konzept für das Museum vor, das im Herbst 1997 in das alte Gemäuer des Jugenstilhallenbades umziehen soll. Zu den Schmuckstücken des Museums gehört die sogenannte „Tjalk", ein altes holländisches Rheinschiff, das seit einiger Zeit im Schwimmbecken des einstigen Hallenbades ruht. Gnegel will erreichen, dass das Ausstellungsprogramm des Museums die Zahl der Museumsbesucher erheblich steigern soll. Die Finanzierung soll mit Landesmitteln gesichert werden.


16.04.1996 - WAZ - bec.

Neues Museum bietet Ausflüge in die Wasserwelt
Geschichte der Binnenschifffahrt

Das neue Museum für Binnenschifffahrt soll überregionale Bedeutung erhalten und verstärkt zum Ausflugsziel werden. Das Konzept des neuen Direktors Frank Gnegel erhielt im Kulturausschuss die Zustimmung aller Fraktionen.

Die Ausstellungsfläche des aktuellen Museums an der Dammstraße beträgt 1000 qm, das alte Hallenbad an der Laarer Apostelstraße bietet immerhin 4000 qm. Dieser Flächenzuwachs allein macht die Chancen deutlich, die sich dem Museum für Binnenschifffahrt an seinem neuen Standort bieten.

Frank Gnegel bedauerte, dass die finanzielle Ausstattung des neuen Museums sehr bescheiden sei. Dennoch könne es mit finanzieller Hilfe der NRW-Stiftung gelingen, eine Einrichtung mit „hohem Erlebnischarakter" zu schaffen, in der sich Technik- und Sozialgeschichte mit der Darstellung der Ruhrorter Hafenstadtteilgeschichte verbinden lassen.

Mit dem Ausbau des Leinpfades über die Mühlenweide bis an den Eisenbahnhafen soll die Anbindung des neuen Museums an die Schifferbörse gewährleistet werden. Die Museumsschiffe, darunter die „Oscar Huber", sollen im Eisenbahnhafen einen sicheren Liegeplatz finden.

Mit einer professionellen Öffentlichkeitsarbeit soll das Interesse der Besucher verstärkt geweckt werden. Kulturdezernentin Dr. Iris Magdowski nannte als Eröffnungstermin den „Herbst 1997".


05.06.1996 - Rheinische Post

Richtfest für das Wohndorf Laar

Für das Wohndorf Laar der Gemeinnützigen Wohnungsgesellschaft GE-WO-GE wurde gestern das Richtfest gefeiert. GE-WO-GE-Geschäftsführer Bernhard Brandhorst und die Zimmerleute Rainer Schweers sowie Hans-Gerd Schmitz sind zuversichtlich, dass die ersten Wohnungen bereits im Herbst dieses Jahres von Senioren bezogen werden können. Insgesamt entstehen unmittelbar am Rhein auf rund 11.000 Quadratmetern 85 Wohnungen, eine Pflegestation mit 34 Plätzen und ein Dorfhaus mit einem Dienstleistungszentrum und Gemeinschaftsräumen. Der gesamte Komplex soll im Frühjahr des kommenden Jahres fertiggestellt sein.


05.06.1996 - WAZ - chris

Wohndorf Laar steht vor der Vollendung
Richtfest für Millionen-Projekt

Nach fünf Jahren, in denen das „Wohndorf Laar" nun schon im Gespräch ist, ist das Millionen-Projekt für ein „betreutes Wohnen" nun doch wohl ins richtige Fahrwasser geraten: Am Freitag wird Richttest gefeiert.

Einige Zeit vor dem aktuellen Trend hatte die Geschäftsführung der GeWoGe Ruhrort die Zeichen erkannt:

Viele ältere Mitglieder der ehemals gemeinnützigen Genossenschaft suchten passenden Wohnraum, die „demographische Entwicklung" (immer mehr hochbetagte Menschen stellen immer größere Anteile der Gesamtbevölkerung dar), so Geschäftsführer Bernhard Brandhorst, wiesen hin auf eine Lösung, „die anders ist als andere Einrichtungen".

Das damals schon „Wohndorf Laar" genannte Projekt sollte neben betreutem Wohnen - also der Einsatz von Pflegekräften - auch eine benachbarte Station für Schwerstpflegefälle anbieten.

Die Finanzierung jedoch stand auf abenteuerlichen Füßen. Durch den Erwerb von Fondsanteilen - 75.000 bis 100.000 DM - sollte ein Wohnrecht erworben werden. Doch seit „dem Fall Schneider" - gemeint ist der Milliardenschwere Zusammenbruch des Baulöwen-Imperiums - seien Fond-Projekte zum Scheitern verurteilt. „Die Leute wollen wissen: Das gehört mir!" erläutert Brandhorst den nun eher herkömmlichen Mix von Eigentums- und Mietwohnungen. Die Quadratmeterpreise von 4500 bis 5000 DM (beim Kauf) und 17 bis 18,50 DM bei Mietwohnungen bezeichnet der Geschäftsführer mit Blick auf andere „Seniorenresidenzen" als „sicherlich nicht zu hoch".

Partnerschaft mit Arbeiterwohlfahrt

Zum Gelingen des nunmehr 27 Millionen DM teuren Vorhabens aber hat vor allem die Gewinnung eines vertrauenswürdigen Partners beigetragen. Seit vier Jahren - nach anfänglichen Gesprächen mit der Caritas - ist die GeWoGe im Geschäft mit der Duisburger Arbeiterwohlfahrt: Die bietet den obligatorischen Service für alle Bewohner an und unterhält auch das Pflegeheim.

Die Idee dahinter: Rüstig rücken oftmals die Senioren ins Wohndorf ein, werden aber mit zunehmendem Alter zu Pflegefällen: In Laar aber ziehen sie dann nur einen Block weiter.

Verkauf und Vermietung der Wohnungen sollen in den kommenden Wochen beginnen. Die Adresse steht schon fest: „Im Wohndorf" heißt die Anschrift.


05.06.1996 - Wochen Anzeiger

„St. Joseph-Hospital" war einmal - jetzt befindet sich in den Gebäuden an der Ahrstraße in Beeckerwerth die „Rhein-Klinik St. Joseph". Erstmals wurde eine dermatologische Rehabilitationsklinik mitten im städtischen Ballungsraum nahe einer bestehenden allgemeinen dermatologogischen Klinik für den Akutbereich unter einheitlicher ärztlicher Leitung errichtet.


05.06.1996 - Wochen Anzeiger

Zentrum für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin:
„Rhein-Klinik St. Joseph" bietet Rundum-Versorgung

Den Schriftzug „St. Joseph-Hospital" am Eingang des Katholischen Krankenhauses in Beeckerwerth wird es wohl bald nicht mehr geben. Denn das 1867 gegründete Akut-Krankenhaus trägt jetzt nämlich den Namen „Rhein-Klinik St. Joseph" und ist zur Zeit dabei, sich vollständig in eine Rehabilitationsklinik zu wandeln.

„Unser Haus mit seinen 245 Betten hatte aufgrund der politischen Willensbildung auf Dauer keine Zukunft mehr gehabt", meint Personalleiter Hans Jansen im Hinblick auf die Sparzwänge, die die Reformen im Gesundheitswesen mit sich bringen. Vieles hat sich in dem Krankenhaus bislang schon verändert.

Die bisherigen Fachabteilungen werden teilweise in den „Zweckverband Katholisches Klinikum Duisburg" übergehen. Die Coloproktologie (Darmerkrankungen) und Hyperbare Medizin (Überdruckbehandlung) verbleiben jedoch zunächst im Beeckerwerther Krankenhaus.

Leerstehende Etagen wird es aber nicht geben. „Wir haben uns rechtzeitig nach alternativen Behandlungsfeldern umgesehen", berichtet Jansen. Erstes Ergebnis: Im Februar dieses Jahres wurde hier nach umfangreichen Umbau- und Modernisierungsmaßnahmen ein „Rehabilitationszentrum für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin" eröffnet, das seinesgleichen in der Bundesrepublik sucht. Denn erstmalig hat jetzt mitten in einem städtischen Ballungsgebiet eine solche Reha-Klinik ihren Betrieb aufgenommen, die in enger Zusammenarbeit mit einer schon vor Ort bestehenden allgemeinen dermatologischen Klinik für den Akutbereich - sie befindet sich im Neumühler St. Barbara-Hospital  -  und  unter einheitlicher ärztlicher Leitung eine ortsnahe und patientenfreundliche Rundum-Versorgung gewährleistet.

Was heißt das konkret? Menschen, die beispielsweise unter Hautkrankheiten leiden, müssen ab sofort nicht mehr den weiten Weg an die Nordsee oder nach Davos antreten. Stationsarzt Dr. Bernd Kardorff will den Reiz dieser Landschaften gar nicht leugnen. Doch: Wie oft ist der Effekt bereits wenige Tage nach der Rückkehr in das heimische Klima verloren gegangen, so Dr. Kardoff. Patienten mit Schuppenflechte, Neurodermitis oder anderen Hauterkrankungen wussten davon ein Lied zu singen.

Dr. Bernd Kardoff weist auch auf andere Vorzüge dieses ortsnahen Angebotes hin: Der Kontakt zu den Familienangehörigen bleibt bestehen. Diese werden gemeinsam mit dem Patienten in Familien- und Bezugsgruppengesprächen mit in das ganzheitliche Therapiekonzept einbezogen, und hier werden langfristig bestehende Probleme aufgearbeitet.

Reha-Abteilung für Herzkranke

Außerdem gibt es Entspannungsübungen, verhaltenstherapeutisch orientiertes Gesundheitstraining oder die Ausrichtung auf eine besondere individuelle Ernährung, wobei die Patienten in einer Diätküche das Notwendige erlernen können. „Wir wollen also auf der einen Seite eine Abheilung und Stabilisierung im heimischen Klima erreichen, auf der anderen Seite aber auch das für den Patienten entscheidende psychosoziale Umfeld in die Therapie miteinbeziehen", betont Diplom-Psychologe Thomas Wingbermühle.

Die neue Reha-Klinik mit ihren Behandlungsmöglichkeiten für 25 vollstationäre und 25 teilstationäre Patienten kann - und das ist ein weiterer Vorteil - gerade wegen der engen Verzahnung mit der dermatologischen Akutklinik in Neumühl eine Vielzahl diagnostischer und therapeutischer Möglichkeiten nutzen. Kleinkinder und Kinder, die nicht selten unter Hauterkrankungen und Allergien leiden, aber auch Mütter sind in der Rhein-Klinik gut aufgehoben, denn hier gibt es speziell eingerichtete Mutter-Kind-Zimmer. Auch steht eine Erzieherin für die Betreuung der Kinder zur Verfügung.

Wer mehr über das Angebot der Reha-Klinik erfahren möchte, kann sich unter XXXXX beraten lassen. Die Rhein-Klinik St. Joseph ist jetzt aber noch nicht komplett. Ab 1. Oktober soll hier eine weitere Reha-Abteilung mit 70 stationären beziehungsweise teilstationären Plätzen ihren Betrieb aufnehmen für Patienten, die an Herzerkrankungen leiden.


18.06.1996 - RP - Guido Diesing

 

Bürgervereinigung Laar ausgezeichnet

Archiv hält Geschichte des Stadtteils wach

 

„Für Ihr beispielhaftes Wirken für die Region" steht auf der Urkunde, mit der sich die Bürgervereinigung Laar ab sofort schmücken kann. Beim ersten „Bürgertag Ruhrgebiet" wurden die Laarer vom Förderverein „pro Ruhrgebiet" unter zahlreichen Bewerbern als „Bürgerverein des Ruhrgebiets 1996" geehrt. Seit 1874 gibt es den Verein, der sich einer enormen Beteiligung der Bevölkerung erfreut: Von 7000 Einwohnern in Laar sind 500 Mitglieder des Vereins.

 

Günter Rubbert, der seit 35 Jahren als Geschäftsführer im Verein tätig ist, weiß, was den Erfolg ausmacht: „Wir sorgen dafür, dass der Stadtteil lebens- und liebenswert bleibt. Wir haben ständigen Kontakt zur Industrie, zur Gewerbeaufsicht und zu den politischen Mandatsträgern und mischen uns überall ein, wo es um Verbesserungen des Wohnumfelds geht." Mit einem Archiv, in dem unter anderem Geräte des Bergbaus und einer alten Druckerei aufbewahrt werden, sorgen die Laarer dafür, dass die Ortsgeschichte nicht in Vergessenheit gerät. „Auch von namhaften Autoren ist das Archiv schon als Quelle genannt worden", so Rubbert stolz.

 

Auch Bürgermeister Genender stimmte jetzt in das Lob für den Verein ein und hob besonders hervor, dass die Bürgervereinigung von Anfang an Verantwortung für die hier lebenden Menschen übernommen habe. Auf soviel Lorbeer wollen sich die engagierten Laarer natürlich nicht ausruhen. Am 23. Juni veranstalten sie um 11 Uhr wieder ein „Sonntagmorgen-Orchester-Konzert" im Florapark an der Florastraße.


26.08.1996 - WAZ - raka

 

Zu ihrem „Hundertsten” feierte die GeWoGe ein riesiges Fest in Laar

Buntes Programm ließ bei Mietern und Mitgliedern Freude aufkommen

 

Mehr als tausend Mitglieder und Mieter feierten das 100-jährigen Bestehens der Genossenschaft für Wohn- und Geschäftsbau, GEWOGE ein gelungenes Fest. Kulinarische Genüsse, diverse Showeinlagen und eine große Tombola gehörten genauso zum umfangreichen Programm, wie eine Ausstellung über die abgeschlossenen und zukünftigen Projekte der Genossenschaft. Der Reinerlös der über 2500 Preise umfassenden Verlosung kommt den Kindergärten der GE-WO-GE-Wohnbereiche zugute.

 

Für kurzweilige Unterhaltung im Festzelt sorgte neben der bekannten Band „Atlantis” die Tanzgarde der 1. Ruhrorter KG Weiß-Grün, „The Lollypops". Die Polizei informierte getreu ihrem Motto „Freund und Helfer” über Wohnsicherheit. Zudem wurden zahlreiche Fahrräder codiert.

 

Um die Kids kümmerte sich ein Clown mit „lockerem Händchen”: Kein Gesicht blieb unbemalt. Die große Hopsburg erwies sich erwartungsgemäß als „Kindermagnet”.

 

Was 1896 im kleinen Rahmen aus dem Laarer Spar- und Bauverein entstand, umfasst mittlerweile über 1250 Wohneinheiten in Laar, Meiderich, Ruhrort und Oberhausen. 2500 zufriedene Mieter und Anteilseigner unterstreichen den großen Erfolg der Idee, alte Menschen nicht in Altenheimen zu „kasernieren”, sondern in dorfähnlichen Wohngemeinschaften zu beherbergen. Die Senioren werden weder bevormundet noch unnötig umsorgt: Wer Hilfe benötigt kann Serviceleistungen in Anspruch nehmen.

 

„Die alten Menschen fühlen sich in den Wohnungen wirklich zu Hause”, betont Paul Schmitz, Vorstand der GE-WO-GE und ehrenamtlicher Geschäftsführer der Wohndorf Laar Gesellschaften. Der Kaufmann erstellt mit seinen „Mitstreitern” einen Gebäudekomplex mit 83 Wohneinheiten.

 

Die alten Menschen hätten die Möglichkeit, in der Wohnform alles zu erledigen, was sie zum Leben bräuchten - ohne dabei ihre Selbstständigkeit zu verlieren. Die hauseigene Bank und der Friseur könnten im Bedarfsfall ebenso in Anspruch genommen werden wie Wasch- und Pflegedienste.

 

Ende nächsten Jahres sei dann mit der Fertigstellung des Wohndorfes zu rechnen.


26.10.1996 - WAZ - ka-

Ruf des Muezzin fordert Toleranz aller Bürger
Sondersitzung am Montag

Mit ganz spitzen Fingern oder hinter verschlossenen Türen befassten sich bisher Duisburgs Politiker und Verwaltung mit einem Antrag von zwei Duisburger Moscheevereinen, öffentlich zum Gebet aufrufen zu dürfen. ( Ruf des Muezzin). Das ist jetzt vorbei.

Der Ausländerbeirat wird in einer Sondersitzung das Thema am kommenden Montag öffentlich behandeln. Grundlage bildet ein vom Oberstadtdirektor Norbert Giersch sowie dem Dezernenten für Ausländerfragen Gerd Bildau und dem Rechtsdezernenten Jürgen C. Brandt unterzeichneter Beschlussentwurf, über den der Rat entscheidet.

Es soll die Verwaltung beauftragt werden, mit allen 37 in Duisburg existierenden Moscheevereinen „zur Anzahl und Verträglichkeit von öffentlichen Gebetsaufrufen zu einer Vereinbarung zu kommen, unter Beachtung der Interessen der Allgemeinheit".

Widerstand bei Bürgern

Stimmen aus der Bürgerschaft bestätigen die Vermutung der Verwaltung, dass in der Bevölkerung Widerstände und Abwehrhaltung gegen diese Art des im Grundgesetz verankerten Rechtes auf freie Religionsausübung vorhanden sind.

„Unausweichliche Symbolik"

So lehnt die Junge Union den etwa zwei bis drei Minuten jeweils dauernden Ruf des Muezzin über Lautsprecher grundsätzlich ab, weil dadurch die Verfremdung der Stadtteile fortgesetzt werde und der Ruf des Muezzin eine eindeutige religiöse Glaubensaussage enthalte. Seine Übertragung über Lautsprecher mache es in der Regel auch nicht möglich, dem Ruf auszuweichen wie es „bei einer Fronleichnahmsprozession möglich ist". Glockengeläut sei dagegen lediglich ein symbolischer, allgemeiner Aufruf zum Gebet.

Dagegen befürwortet die Arbeitskreis „Internationale Mitglieder" der SPD den Gebetsaufruf als ein wichtiges Element islamischer Religionsausübung. Gleichzeitig fordert er, dass diese Genehmigung Beschränkungen unterliegen müsse, die sich an den hierzulande üblichen Gepflogenheiten der Religionsausübung und an den Belangen der Nachbarschaft orientieren müsse.

So wird es für sinnvoll gehalten, die Anzahl der Gebetsaufrufe in Anlehnung an das Glockenläuten der Kirchen auf maximal zweimal am Tag zu begrenzen. „Toleranz", so der Vorstand des Arbeitskreises, „beruht immer auch auf Gegenseitigkeit."

In Nordrhein-Westfalen ruft der Muezzin, gestützt auf das Grundgesetz, bereits in den Städten Dortmund, Düren, Hamm, Lünen und Siegen.


26.10.1996 - WAZ - pet

Moschee-Vereine sollen Anträge zurückziehen
SPD: Bevölkerung akzeptiert Muezzin-Ruf nicht

Ohne ausreichende Billigung in der Bevölkerung kann es keinen „lautsprecher-verstärkten Gebetsaufruf des Muezzin" geben. Da diese Akzeptanz zur Zeit mehrheitlich ganz offenbar nicht vorhanden ist, unterstützt die Duisburger SPD-Parteispitze die Haltung ihrer Ratsfraktion, wonach „die Duisburger Moscheevereine aufgefordert werden, entsprechende Anträge zum jetzigen Zeitpunkt zurückzuziehen".

In einer Resolution von Unterbezirksvorstand und Parteiausschuss appellieren die Sozialdemokraten, dass ihrer Meinung nach „ein Beharren auf den Anträgen oder ein Durchsetzen der Wünsche auf rechtlichem Wege alle notwendigen Bemühungen um Integration stark belasten würde."

• Die Sozialdemokraten wollen in der Zukunft gemeinsam mit allen gesellschaftlich relevanten Gruppen einen Dialog in Gang setzen, der „die Basis für ein friedliches Zusammenleben verschiedener Nationen, Kulturen und Religionen schafft".

In diesem Zusammenhang betonen die Sozialdemokraten, dass es „zu einer sozial ausgewogenen und toleranten Integrationspolitik keine Alternative gibt". Grundvoraussetzung dafür, so heißt es in der Resolution, sei eine „Politik der rechtlichen, politischen, ökonomischen und sozialen Gleichstellung der Ausländer". Nur gleichberechtigte Menschen könnten harmonisch und friedlich miteinander leben.

So könne ein Abbau der Ausländerfeindlichkeit nur erreicht werden, wenn Deutsche und Ausländer „stärker als bisher aufeinander zugehen und auf beiden Seiten mehr Toleranz geübt wird". Die SPD: „Daher ist es höchste Zeit, inbesondere in unserer Religion, zu einer allseits akzeptierten Integrationspolitik zu kommen."


06.11.1996 - Stadt Panorama

Laarer Christen sind dagegen
Streit um den Gebetsruf des Muezzin

LAAR/DU-NORD - Der Streit um eine religiöse Prozedur zieht immer weitere Kreise. Unter dem Titel „Kein islamischer Gebetsruf über Lautsprecher" wendet sich nun die Evangelische Kirchengemeinde Laar mit einem offenen Brief an die Öffentlichkeit. In der letzten Zeit wird über die mögliche Einführung eines lautsprecherverstärkten islamischen Gebetsrufes in Laar heftig diskutiert.

Die letzte Entscheidung liegt zwar beim Rat der Stadt, doch wenden sich immer mehr Gruppen gegen einen solchen Gebetsruf des Muezzin. Als eine der ersten Gruppen wandte sich die Junge Union Duisburg gegen eine solche Einrichtung. Nun wehrt sich auch die Evangelische Gemeinde Laar gegen die von den Moscheevereinen beantragte Genehmigung. In ihrer Stellungnahme sind die Evangelischen Christen in Laar der Meinung, dass Muslime und Christen nicht an denselben Gott glauben. „Im  Namen  des  Christentums vom 'gleichen' zu sprechen, stellt eine unstattliche Anbiederung an die Muslime dar", sagt auch Pfarrer D. Reuter, Vorsitzender des Presbyteriums. In ihrem Schreiben hält die Gemeinde Laar das islamische Gebet für eine „Unterwerfungsdemonstration". Mit einem öffentlichen Aufruf bekunde der Islam damit den Machtanspruch zur Durchsetzung des Willens Allahs in der Gesellschaft und habe somit eine politische Komponente, die einen antichristlichen Charakter habe. Und da in vielen islamischen Ländern keine Kirchen stehen dürften, sollte es nach Meinung der Laarer Gemeinde hier auch keinen Gebetsruf für Muslime geben. Ebenfalls nicht zu vergleichen, so die Laarer, sei der Gebetsruf mit dem Glockengeläute der Kirchen. Denn das Glockengeläut habe keine inhaltliche Aussage.

Befürworter des Gebetsrufes sehen darin eine Gleichbehandlung. Wenn die Glocken den sonntäglichen Schlaf stören, warum dann nicht auch der Gebetsruf des Muezzin? Die Gemeinde Laar stellt sich den Fragen und der Kritik zum offenen Schreiben unter Ruf: XXXXX.


30.11.1996 - WAZ - Hasan Gürpinar

Kein Muezzinruf: Stadt reagiert auf heftige Proteste
Laar: Bürger lehnten Gebetsruf lautstark ab
 
In Duisburg wird es keinen Muezzinruf geben. Jedenfalls nicht in absehbarer Zeit. Zu dieser Einschätzung kommt Dezernent Gerd Bildau, nachdem Verwaltung und Bezirksvertreter erstmals diesen geplanten „Ezan" öffentlich diskutiert hatten. Auf der turbulenten SPD-Versammlung in Laar wurde der Antrag des Moscheenvereins nämlich lautstark niedergeschrieen.

Mittwochabend, Pfarrheim auf der Apostelstraße: Fast 400 Menschen drängeln sich in dem Bürgertreff, darunter auch eine Handvoll Türken. Mit Pfiffen und lautstarken Zwischenrufen werden Befürworter des Gebetsrufs unterbrochen. Wer sich gegen den „Ezan" ausspricht, erhält ohrenbetäubenden Applaus. So auch die Vertreter der Kirche. „Wir wollen natürlich den Dialog mit Andersgläubigen, aber in diesem Thema steckt sozialer Sprengstoff", sagte Pater Patrick von der St-Ewaldi-Kirche. „Der Moscheeverein sollte daher auf den geplanten Gebetsruf verzichten." Einerseits warb der Geistliche um Toleranz, erklärte aber im gleichen Atemzug: „Mir tut es im Herzen weh, wenn ich sehe, wie die Christen in islamischen Ländern behandelt werden."

Auch Bezirksvertreter August Haffner sprach sich gegen den „Ezan" aus, der laut Antrag einmal die Woche erschallen soll. „Diese Lärmbelästigung würde das Leben unerträglich machen", wetterte der SPD-Politiker. Natürlich wolle man friedlich mit den ausländischen Mitbürgern zusammenleben: „Aber wir müssen auch die Ängste der Deutschen berücksichtigen."

Mehr noch als der Antrag ärgert aber die Bürger „die Art und Weise, wie hier Politik gemacht wird": „Warum sind wir nicht längst über diese Anträge informiert worden", fragte eine empörte Anwohnerin.


Dez. 1996 - WAZ - sten

Ab Januar ruft der Muezzin ohne Lautsprecher
Ev. Landeskirche rügt Pfarrer Reuter

Rund ein Dutzend Duisburger Moscheevereine wollen in gut drei Wochen zu Beginn der islamischen Fastenzeit Ramadan öffentlich zum Gebet aufrufen lassen. Unter ihnen: Die Moschee in Marxloh an der Wolfstraße. Allerdings: Die Gebetsaufrufe sollen nicht lautsprecherverstärkt sondern vorerst nur mit der Kraft der menschlichen Stimme vorgetragen werden. Das erklärte gestern Ücler Köksal, Vorsitzender einer von den Moscheevereinen eingesetzten Verhandlungskommission.

Gleichzeitig kündigte Köksal einen mit der Duisburger Stadtverwaltung abgestimmten 3-Stufen-Plan zur Einführung des lautsprecherverstärkten Gebetsaufrufes an.

Unterdessen hat die Evangelische Landeskirche ihrem Repräsentanten in Duis-burg-Laar, dem evangelischen Pfarrer Dieter Reuter, in einer Presseerklärung vorgeworfen, mit seiner Anzeigenkapagne „Ignoranz, Abgrenzung und Ablehnung" geschürt zu haben.

Auf eine juristische Lösung des Falles, die nach Einschätzung aller Beteiligten sofort den lautsprecherverstärkten Gebetsruf möglich machen würde, will die Kommission ausdrücklich verzichten.


07.12.1996 - WAZ

SPD: Zeit für Gebetsruf nicht reif

„Wir fordern die Moscheevereine auf, die Anträge für einen lautsprecherverstärkten Muezzinruf jetzt zurückzuziehen und damit die Basis für Gespräche über das Zusammenleben verschiedener Nationen, Kulturen und Religionen in Duisburg zu schaffen." So fasste SPD-Fraktionschefin Bärbel Zieling das Ergebnis der Beratung ihrer Fraktion zusammen.

Die SPD-Chefs in Laar und Marxloh, Ludwig Kättnis und Manfred Slykers, die mit Bürgerversammlungen versucht hatten, ein Forum zu schaffen, zeigten sich betroffen über deren Verlauf. Die aufgeheizte Stimmung hatte fruchtbare Diskussionen unmöglich gemacht.

Angesichts dieser Erfahrungen und vieler Kontakte mit Bürgern kamen die Sozialdemokraten zu der Auffassung, dass die Akzeptanz für den Gebetsruf zur Zeit sehr gering sei. Dabei distanziert sich die Fraktion ausdrücklich von denjenigen, die besonders laut, rüpelhaft und pharisäerhaft auftreten: „Vielmehr wollen wir die vielen Stimmen ernst nehmen, die ihre Ängste und Verunsicherungen formulieren."

Ein Beharren auf den Anträgen würde derzeit alle Bemühungen um Integration stark belasten. Statt dessen seien Gespräche, Begegnungen und Kontakte erforderlich, denn die Proteste zeigten, dass es nicht nur um den Gebetsruf gehe, sondern um grundsätzliche Fragen des Zusammenlebens.


07.12.1996 - NRZ

 

LESERBRIEFE

 

Wohlfahrtsverbände sind für Muezzin-Ruf

Betr.: Stellungnahme der Verbände der Freien Wohlfahrtspflege Duisburg zum Ruf des Muezzin:

„Die Muslime stellen in Duisburg die drittgrößte Religionsgemeinschaft dar. Dieser Realität muss Rechnung getragen werden. Sie darf und sollte auch nicht durch Diskussionsbeiträge verschleiert werden.

Toleranz ist keine Leerformel, die nur eingefordert werden kann, sie muss auch praktiziert werden. Die islamischen Gemeinden besitzen aus unserer Sicht einen Rechtsanspruch auf die Bewilligung ihres Antrages und verlangen nichts Unmögliches; deshalb spricht sich die AG der Wohlfahrtsverbände dafür aus, dass bald dem Antrag der islamischen Gemeinden entsprochen wird.

Der Ruf des Muezzin wird weder das friedliche Nebeneinander oder Miteinander noch die Nachtruhe der Menschen in Duisburg stören. Der Gebetsruf wird in angemessener Lautstärke nur einmal täglich zirka vier Wochen lang während der muslimischen Fastenzeit zu hören sein, ansonsten nur einmal wöchentlich um 12.30 Uhr zum Mittagsgebet am Freitag.

Objektiv bewertet, gibt es keine sachliche Grundlage für die heftig geführte Debatte. Vielmehr sollten konstruktive Überlegungen angestrengt werden, um die Ängste und Befürchtungen, die wir alle sehr ernst nehmen, durch Gespräche und Informationen abzubauen.

Die tiefen Gräben, die aufwendig und kostspielig von einigen Wortführern aufgeworfen wurden, stellen eine Gefährdung des bisher friedlichen Zusammenlebens dar. Nur durch einen schnellen kommunalen Entscheidungs-prozess im Sinne der islamischen Gemeinden kann dem entgegengewirkt werden.

Deswegen fordern die Wohlfahrtsverbände die Rückkehr zur sachlichen Diskussion."


„Lassen Sie den Muezzin rufen!"

Betr.: Ruf des Muezzin. Hier: Anzeige der ev. Kirche Laar.

„Beschämend und befremdlich, dass ein protestantischer Pfarrer und sein Presbyterium so wenig Vertrauen in 'ihren' Gott und 'ihre' Religion haben und sich getrieben fühlen, ein derartig fadenscheiniges Pamphlet zu verfassen und für 7.500 Mark eine 'Anzeige' zu schalten, die ausschließlich der negativen Stimmungsmache dient. Viele der dort aufgeführten Stellen sind sowohl sinnentstellend zitiert als auch aus dem Zusammenhang gerissen. Wäre ich Mitglied der evangelischen Kirchengemeinde in Laar - 'Gott sei Dank' bin ich es nicht - würde ich meinen sofortigen Austritt aus diesem scheinheiligen Verein verkünden. Ich hoffe, dass viele Gemeindemitglieder dies tun.

Von Toleranz und christlicher Nächstenliebe scheinen Herr Reuter und seine Gesellen nicht viel zu halten. Sie können aber sicher sein, dass viele (selbstge)rechte Zeitgenossen Freude an dieser Art der Polemik finden werden.

Bezüglich der Feststellung, 'das Glockengeläut hat keine unmittelbare inhaltliche Aussage' stimme ich vollinhaltlich mit den Verfassern überein und rege an zu prüfen, ob dieses dann nicht als ruhestörender Lärm verboten werden könnte.

Den Gipfel der Unverschämtheit finden wir jedoch in dem abschließenden Hinweis: Spenden zur Finanzierung dieses Machwerkes können steuerlich geltend gemacht werden. Hier hört der Spaß vollends auf. Ich werde überpüfen lassen, ob es wirklich rechtens ist, den einzelnen Steuerzahler zu verpflichten, diese Privatmeinungen durch seine Steuergroschen unterstützen zu müssen.

Den Mitgliedern des Rates der Stadt wünsche ich den Mut zu einer guten Entscheidung: Lassen Sie den Muezzin rufen!"

Frank-M. Fischer


„SPD und Kirche heizen die Intoleranz an"

Betr.: Zum Artikel „Kein Muezzinruf: Stadt reagiert auf heftige Proteste" (NRZ vom 30. November).

„Es ist schon abschreckend zu lesen, wie Vertreter der Kirche und der SPD zusätzlich die Intoleranz der Laarer Bürger anheizen, statt nach deren Ursachen zu forschen.

Welch Geistes Kind Pater Patrick leider ist, lässt sich nur zu klar aus seiner Argumentationsweise schließen: 'Wir Christen dürfen in islamischen Ländern nicht läuten, also dürfen die Moslems in Duisburg auch nicht rufen.' Ist das christliche Toleranz? Oder ist Pater Patrick im alttestamentarischen ,Auge um Auge' verhaftet? Überspitzt: Sollen Ehebrecher - falls sie aus Ländern stammen, in denen Christen Opfer dieser Barbarei wurden - auch in seiner Gemeinde öffentlich gesteinigt werden?

Bezirkspolitiker Haffner spricht gar von 'unerträglichen Lärmbelästigung', sollte der Ruf einmal die Woche erschallen. Diese Unerträglichkeit kann hier ja nicht im Ruf an sich wurzeln, sondern erwächst wohl eher aus der selektiven Empfindsamkeit des Bezirksvertreters, dessen Einstellung zur Ausübung der Religionsfreiheit damit zumindest bedenklich erscheint.

Statt populistisch die Grundstimmung zu schüren, wäre es wichtig gewesen, das Gespräch mit den Bürgern zu suchen, die wahren Gründe der Ablehnung aufzudecken und damit einen realistischen Dialog zwischen Christen und Moslems zu ermöglichen. Ich hoffe, dass dies bei der nächsten Bürgerversammlung geschieht."

Rainer Ossig

 

 

Nein zum Gebetsaufruf

Betr.: Muezzinruf.

„Glaubensfreiheit für alle? Ja! Aber ein klares Nein zum Gebetsaufruf des Muezzins. Wir sollten uns mal vorstellen, wie es wäre, wenn alle Kirchen durch öffentliche Verkündigung des Glaubensbekenntnisses zum Gottesdienst einladen würden. Auch 'Nein'. Öffentlich ist der Staat, privat die Religion und das muss getrennt bleiben.

Außerdem ist bisher der skandalösen Frauendiskriminierung durch den Islam zu wenig Beachtung geschenkt worden: z.B. Kopftuch = Zeichen der Unterwürfigkeit, Scheidungs-, Arbeits- und Wahlrecht, Auto fahren, Schminken, sportliche Betätigung, Klitorisbeschneidung, Frauen gehen hinter den Männern.

Eine Genehmigung des Gebetsaufrufes würde für mich das unterschwellige Tolerieren dieser Frauenunterdrückungen und damit der Menschenrechtsverletzungen bedeuten. Ich stelle auch fest, dass eine Integration von Emigranten auf dem multikulturellen Weg bisher wenig erfolgte. Aber mit dem geltenden demokratischen weltlichen Recht ist ein wirkliches Miteinanderleben sehr wohl erreicht worden. Dieses Recht ist vielleicht ein nicht zu unterschätzendes Werkzeug des sozialen Friedens."

Dorothea Lackmann


13.12.1996 - NRZ - hg

Kein Muezzinruf im Januar
Moscheevereine und Katholiken: „Entscheidung vertagen"

Die Vertreter der 37 Duisburger Moscheevereine drängen nicht mehr darauf, dass der Muezzinruf bis zum 10. Januar 1997 lautsprecherverstärkt erschallt. „Wir wollen in dieser Frage einen Kompromiss finden", sagt Hüseyin Kücük, Mitglied im gemeinsamen Arbeitskreis von Moscheevereinen und Stadtverwaltung. „Das muss nicht unbedingt bis zum Beginn des Fastenmonats geschehen. Wir halten aber an unserem Anspruch fest".

• Auch der Stadtkatholikenausschuss hat sich jetzt öffentlich zu dem Konflikt geäußert: „Der Vorstand empfiehlt dringend, einen entsprechenden Beschluss aufzuschieben. Der Ruf des Muezzins würde in dieser Situation die Beziehungen zwischen den Bevölkerungsgruppen verschärfen."


14.12.1996 - NRZ

LESERBRIEFE

„Störung des sozialen Friedens"

Betr.: Der islamische Gebetsruf. Die Stellungnahme des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Laar:

Das „Modellprojekt zur Sensibilisierung und Schaffung von Problembewusst-sein im Hinblick auf die gestiegene Fremdenfeindlichkeit bei Deutschen und Nichtdeutschen am Zentrum für Türkeistudien" setzt sich in Duisburg seit über zwei Jahren u.a. für ein konstruktives und friedliches Zusammenleben aller Nationalitäten in dieser Stadt ein.

Die Stellungnahme des Presbyteriums der Evangelischen Kirchengemeinde Laar beweist, wie nötig diese Arbeit noch immer ist, stellen die Inhalte der Anzeige doch eine gezielte Störung des religiösen und sozialen Friedens in Duisburg dar.

„Diese negative Stimmungsmache wird in keiner Weise dazu beitragen, die Diskussion um den öffentlichen Gebetsaufruf in Marxloh voranzutreiben, vielmehr werden hier verständliche Ängste und Besorgnisse der in Marxloh lebenden Menschen politisch instrumentalisiert, um den Islam als eine per se gefährliche, weil christenfeindliche, antidemokratische und gewalttätige Religion hinzustellen. Dies hat mit der Realität nichts gemein", sagte Dr. Claudia Kleinert, Leiterin des Sensibilisierungsprojektes in Duisburg.

Man mag unterschiedliche Ansichten über den Sinn oder Unsinn der Einführung des öffentlichen Gebetsrufes in Marxloh vertreten. Sachliche wie emotionale Gründe, Vorurteile und Ängste auf beiden Seiten spielen hierbei eine Rolle und müssen in einem kunstruktiven Dialog Berücksichtigung finden.

Die Leserbriefe der letzten Tage und Wochen haben gezeigt, dass viele Menschen in Duisburg diesen Dialog wollen und Pauschalurteile und -verurteilungen ablehnen. Wir alle sind gefragt, den Dialog voranzutreiben.

Gegenseitiges Verständnis und Respekt vor dem Glauben des jeweils Anderen sollten die Prämissen des Zusammenlebens sein - auch wenn man sich nicht in allen Punkten einig werden kann.

Dr. Claudia Kleinert, Leiterin des Sensibilisierungsprojektes in Duisburg, Zentrum für Türkeistudien


„Nicht gegen den Willen der Bevölkerung"

Betr.: „Ruf des Muezzin"

Der Vorstand des "Verbandes Duisburger Bürgervereine e.V." zeigt sich besorgt und beunruhigt über die Art und Weise, wie die öffentliche Diskussion in dieser Angelegenheit ausgetragen wird.

Wir sind davon überzeugt, dass der überwiegende Teil der Duisburger Bürgerinnen und Bürger dem Antrag der islamischen Vertreter zum Gebetsaufruf per Lautsprecher ablehnend gegenübersteht.

Darauf begründen wir unsere Auffassung, dass die Zeit für eine übereilte positive Entscheidung zu diesem Antrag nicht reif ist.

Auf die in der letzten Zeit vorgebrachten Argumente wollen wir im Einzelnen nicht eingehen, vertreten jedoch grundsätzlich die Meinung, dass Entscheidungen mit solcher Bedeutung nicht der Verwaltung, dem Ausländerbeirat oder den politischen Parteien alleine überlassen werden sollten.

Hierzu muss die breite Meinung der Bevölkerung gehört und respektiert werden. Die Gemeindeordnung NRW bietet hier mehrere Möglichkeiten.

Bis dahin wären nach unserer Auffassung unsere islamischen Mitbürger gut beraten, wenn sie Ihren Antrag zurücknehmen würden, um keine weiteren übertriebenen Emotionen aufkommen zu lassen.

Die zuständigen städtischen Entscheidungsgremien sollen in diesem Falle nicht auf die Möglichkeit verzichten, auf breiter Basis eine im wahrsten Sinne des Wortes „demokratische Entscheidung" herbeizuführen. Eine gegen den erklärten Willen der „Mehrheit der Bevölkerung" getroffene Entscheidung können alle Beteiligten nicht gutheißen und wird dem Geist einer friedlichen Koexistenz nur abträglich sein.

Verband Duisburger Bürgervereine: Paul Schmitz, Geschäftsführer
Ernst Jacobs, stellvertretender Vorsitzender


„Wie schwach ist das Christentum ?"

Betr.: Islamischer Gebetsaufruf:

Wie schwach ist eigentlich der christliche Glaube in den Menschen verankert, wenn eine derart große Furcht vor dem islamischen Gebetsaufruf aufkommen kann?

Er ist offensichtlich sehr schwach, wie ja vielfach festzustellen ist. Ob soziale Gerechtigkeit (Mt 22,39) - im eigenen Land und weltweit - oder Bewahrung der Schöpfung (Gen 2,15): Christliche Nächstenliebe, christliche Demut findet sich nur selten - und in der Politik schon gar nicht. Das christlich geprägte Abendland ist längst zur Phrase verkommen, missbraucht, um Intoleranz zu rechtfertigen.

Sehr erschreckt hat mich die Stellungnahme des Laarer Presbyteriums. Religiöse Intoleranz in anderen Ländern kann doch nicht Gleiches bei uns rechtfertigen. Woher nimmt das Presbyterium die Sicherheit, behaupten zu können, die Moslems beteten nicht denselben Gott an? Hat nicht schon der Apostel Paulus anerkannt, dass hinter allen Formen göttlicher Erscheinung der Eine Gott steht?

Wolfgang Böning


„Gebräuche des Gastlandes respektieren"

Betr.: Der Antrag auf lautsprecherverstärkten islamischen Gebetsruf:

„Als langjähriger Montagearbeiter von Krupp-Industrie und Stahlbau sowie anderen Montagefirmen war ich jahrelang in moslemischen Staaten (u. a. Saudi-Arabien, Iran, Irak, Türkei) tätig. Als Arbeitsvertragspunkt nach Gehalt und Auslösevertrag wurde bei jeder großen Vertragsfirma zwischen Arbeitnehmer und der Firma vereinbart: „Jeder Vertragspflichtige deutsche Arbeitnehmer hat sich den Sitten und Gebräuchen des jeweiligen Gastlandes (ob glaubens-, religions- oder sittenmäßigen Ansehens) anzupassen. Sollte dieses nicht möglich sein, kommt der Arbeitnehmer für diese Nichtanpassung selbstredend auf."

Hiermit frage ich nun als bisher „nicht-ausländerfeindlich", im Gegensatz als ausländerfreundlich geltender Mitbürger: Muss dieser Antrag „Ruf des Muezzin" sein? Meine Meinung: Glaubensfreiheit für alle Religionen - ja und ganz klar ja! - auch Moscheen für Muslime. Aber ganz klar nein für den Muezzin-Ruf!

Peter Schlieper


21.12.1996 - WAZ - ka-

Muezzin ruft zunächst ohne Lautsprecher
Kompromiss jetzt geschlossen

Auf ein Drei-Stufen-Modell zur öffentlichen Verkündung des Gebetsrufes der Muslime (Azlan) haben sich Stadtverwaltung und die Repräsentanten der 37 Duisburger Moscheevereine geeinigt. Danach verzichten die 37 Moscheevereine zunächst darauf, den Gebetsaufrauf sofort über Lautsprecher auszustrahlen.

Dafür wollen sie vom Gelände einiger, dafür geeigneter Duisburger Moscheen mit Beginn des Fastenmonats Ramadan, frühestens am 10. Januar, den Gebetsruf ohne Lautsprecher über einen Muezzin verkünden lassen. Diese Entscheidung gab gestern Verhandlungsmitglied Ücler Köksal bekannt. Die Entscheidung, welche Moscheen es sein werden, wird am Montag getroffen.

Mit Sicherheit wird die Marxloher Moschee dabei sein, bestätigte ihr Vorsitzender, Akbul Mehmet.

Nach einem „gewissen Reifeprozess" und einer größeren Akzeptanz bei der Bevölkerung soll der Gebetsruf vielleicht in der zweiten Hälfte des nächsten Jahres an geeigneten Orten und dann lautsprecherverstärkt übertragen werden.

Es soll bei der Regelung bleiben, dass der Ruf grundsätzlich zum Freitagsgebet einmal in der Woche, während des Ramadanfastens jeden Freitag ertönen soll.

Ab sofort wollen sich die Moscheen verstärkt öffnen, um mit Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Autorenlesungen Wissenslücken über die islamische Religion zu schließen und Vorurteile abzubauen.

Einig sind sich Stadt und Moscheevertreter, dass in der Innenstadt eines Tages eine repräsentative Moschee mit angeschlossenem Kulturzentrum für die hier 60.000 lebenden Muslime errichten werden muss.

Um die in der Diskussion aufgebrochenen Gräben zwischen Türken und Deutschen nicht noch mehr zu vertiefen, verzichten die Moscheevertreter darauf, das Recht auf freie Religionsausübung einzuklagen. „Das würde überregional auch dem Ruf dieser Stadt schaden", ergänzte Köksal.

Enttäuscht zeigten sich gestern Moscheeverteter über böse Entgleisungen in der öffentlichen „Muezzin-Diskussion". Ücler Köksal und Gürsel Dogan, Vorsitzender des Ausländerbeirates, nannten ausdrücklich die Erklärung des evangelischen Pfarrers Reuter und Äußerungen, die offensichtlich aus wahltaktischen Überlegungen von Kommunalpolitikern gemacht wurden: von einem ehemaligen Vorsitzenden des Ausländerbeirates habe man mehr erwarten können.


21.12.1996 - WAZ - Wolfgang Kania

Gebetsruf ohne Lautsprecher
Moscheen in Duisburg suchen Kontakt zu Deutschen

Frühestens Anfang Januar wird der Muezzin vom Gelände einiger Duisburger Moscheen den Gebetsruf (Azan) ertönen lassen - allerdings ohne Lautsprecherverstärkung.

Dies beschlossen jetzt die Stadt und Vertreter der 37 Duisburger Moscheevereine.

Sie erhoffen sich davon ein Ende der seit Wochen teilweise überhitzt geführten Diskussion über den Muezzinruf. Gegen den ursprünglichen Plan, mit Lautsprecherverstärkung zum Gebet rufen zu lassen, hatte es heftige Proteste von Bürgern gegeben.

Die Moscheen wollen nun verstärkt den Kontakt zur Bevölkerung suchen: Durch Podiumsdiskussionen, Ausstellungen und Dichterlesungen sollen Vorurteile gegenüber dem Islam abgebaut werden. Auf diese Weise soll langfristig ein Klima hergestellt werden, das den Gebetsruf über Lautsprecher eines Tages auch in Duisburg ermöglicht.

Als Fernziel streben Stadt und die muslimischen Vertreter an, dass in Duisburg eine zentrale, repräsentativ gestaltete Moschee mit Minarett und angeschlossenem Kulturzentrum gebaut wird.


24.12.1996 - WAZ - ab

Diskussion um Muezzin-Ruf geht weiter
CDU Duisburg fordert Vertreter der Moscheevereine auf, die Anträge zurückzuziehen

Die erzielte Einigung über den Muezzin-Ruf sorgt für Aufregung. Für Thomas Mahlberg, den Duisburger CDU-Landtagsabgeordneten, steht dieses Ergebnis im Gegensatz zur Linie, die von der Kommunalpolitik vorgegeben wurde.

Seiner Meinung nach hat Dezernent Gerd Bildau seine Kompetenzen überschritten. Denn: Über den Antrag solle der Rat der Stadt entscheiden, nicht die Stadtverwaltung. In der freien Wirtschaft hätte ein solcher Angestellter nach Mahlbergs Meinung eine Abmahnung erhalten. Er kündigte an, die Person Gerd Bildau in Frage zu stellen.

Oliver Wittke, Vorsitzender des Arbeitskreises Migrationspolitik im Landtag, erklärte die gewählte Verfahrensweise als kontraproduktiv für den Integrationsprozess. Erst müsse Aufklärungsarbeit geleistet werden, denn eine Akzeptanz in der Bevölkerung sei Basis für eine Einigung im Streit um den Muezzin-Ruf.

Beide Politiker plädierten für eine kommunale Lösung des Problems. „Es geht nicht durch die dicke Keule von oben", so Oliver Wittke. Nachholbedarf in der Integrationspolitik gebe es allerdings bei allen Parteien. Beispiel für eine gelungene Integration sei das gute Klima in vielen Betrieben: „Untertage ist es egal, ob der Kollege Egon oder Ali heißt"

Auch Thomas Mahlberg spricht von fehlender Kommunikation. Ein runder Tisch mit allen Beteiligten wäre ein erster Schritt zur Lösung.

Trotzdem lehnt die CDU in Duisburg den Muezzin-Ruf ab. Die christliche Kultur- und Werteordnung als Wurzel des Grundgesetzes müsse von Bürgern aus anderen Kulturkreisen respektiert werden. Deshalb fordert die CDU Duisburg auch weiterhin die Verantwortlichen der Moscheevereine auf, den Antrag zurückzuziehen.


28.12.1996 - NRZ

Weihbischof besorgt über Muezzin-Debatte

Weihbischof Franz Grave hat bei seinem Besuch in Duisburg seine Besorgnis über das Verhältnis zwischen Deutschen und Ausländern ausgedrückt. „Mich bedrückt die tiefgehende Beziehungslosigkeit", sagte Grave bei einem Gottesdienst am ersten Weihnachtstag in der Kirche Heilig Kreuz in Neuenkamp.

• Zur Auseinandersetzung um den Muezzin-Ruf sagte Grave: „Die Debatte förderte Ressentiments und Ängste zutage, die erschrecken in ihrer Heftigkeit, die wir aber zur Kenntnis nehmen müssen. Ich verstehe die Entwicklung vor allem als Symptom für einen Mangel an Austausch und Zusammengehörigkeitsgefühl." Er sei froh, dass es zu einem Kompromiss gekommen sei, so Weihbischof Grave.

Bei seinen Besuchen im Dekanat Duisburg-Mitte habe er „erschreckend deutlich" erfahren, dass Ausländer meist ohne Anbindung blieben, so Grave weiter. Bei Gesprächen in den Pfarreien habe er aber auch „viele ermutigende Erfahrungen" zum Leben in den Gemeinden gemacht.